Strümpfe, Strapse und Unterhosen im Kampf gegen die Winterkälte
Alle sind wir heute bestens mit warmen Wintersachen für Groß und Klein ausgestattet, da gibt es-Ski- und Daunenanoraks, warme Hosen, Strumpfhosen, Spezialunterwäsche, Pelz- und andere Stiefel aller Sorten. Das war früher, als es all die moderne, weltweite maschinelle Textilproduktion noch nicht gab, ganz anders.
Lange Hosen trugen nur die erwachsenen Männer. Sie hatten ihre langen Arbeits- und Sonntagshosen. Lange Hosen für Frauen – das gab es bis Anfang des 20. Jahrhunderts überhaupt nicht, es gab sie auch nicht für Kinder. Frauen und Mädchen trugen mehr oder weniger lange Röcke, für den Winter aus wärmerem Tuch genäht, evtl. noch einen wärmeren Unterrock und darunter selbstgestrickte Strümpfe oder Socken. Strumpfhosen, die man sich heute nicht mehr wegdenken kann, kamen – unter dem Einfluss der Minirockmode – erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf.
Die Unterhosen von damals hatten nichts von dem Pfiff, den man heute gewohnt ist. Die Männer zogen bis ins 18. Jahrhundert als Ersatz schlicht nur das lange Hemd zwischen den Beinen durch. Und Frauen gingen bis ins 19. Jahrhundert auf dem Lande ganz „unten ohne“. Ein Fortschritt war dann die oft kunstvoll genähte und mit Spitzen verzierte Hose mit Loch im Schritt. Die konnte man gegebenenfalls im Winter mit einem Stofflatz schließen. Auch die in feinerer Gesellschaft verbreitete Mode der Reifröcke machte es notwendig, den Schritt offen zu lassen. Im 20. Jahrhundert bürgerte sich maschinengefertigte, vor allem auch Trikotwäsche mit zunächst noch sehr unförmigem Schnitt ein. Die Unterhosen waren relativ weit und bedeckten bis zu zwei Drittel des Oberschenkels.
Für die Buben gab es in der Regel nur kurze Hosen, die ursprünglich – mit Unterschieden je nach Region – bis fast zum Knie reichten und erst Ende der 20er- und 30erJahre kürzer wurden. Insbesondere für ältere Jungen war es oft höchstpeinlich, dass sie im Winter zu ihren kurzen Hosen lange Strümpfe anziehen mussten und zwischen Hosen- und Strumpfrand ein Streifen nackter Haut und die Strumpfbefestigungen zu sehen waren, die an Gummibändern, den Strapsen, und diese wiederum an Leibchen befestigt waren. Die trug man meist über dem Unterhemd, sie hatten Knöpfe und reichten bis zur Taille oder darüber.
Bei den Strapsen gab es Unterschiede. Wie ein von der Alb stammender und der Musik nahestehender Aidlinger es beschreibt, hatten die Strümpfe seiner Kinderzeit ein oder zwei Knöpfe, die in metallene Aufhänger eingehängt wurden, die Notenschlüsseln ähnelten und am Ende der Strapse befestigt waren. Das gab den Strümpfen einen besseren Halt als die andere Methode, bei der der Knopf oder die Knöpfe nur durch ein Loch des Gummibandes durchgezogen werden mussten. Es war an vielen Orten auf dem Land, insbesondere bei einfacheren Leuten, auch üblich, statt der Strapse und Leibchen nur Gummis, oft schlicht Weckgläsergummis, zu verwenden und mit ihnen die Strümpfe zu umwickeln und festzuhalten. Das musste über dem Knie geschehen, weiter oben am Oberschenkel wären die Strümpfe zu leicht gerutscht. Ohnehin mussten sie oft hochgezogen werden. All diese Strumpflösungen kamen bei den Mädchen genauso wie bei den Buben zur Anwendung, und bei kürzeren oder verrutschenden Röcken hatten sie unter demselben Dilemma zu leiden wie die Buben mit ihren kurzen Hosen: Die Oberschenkel waren an dem unbedeckten Streifen unbarmherzig der Kälte ausgesetzt, und frierend stapfte man gemeinsam vom Schlittenfahren durch den Schnee nach Hause.
„Das Peinlichste war für uns Buben, erzählte ein Aidlinger mit bayerischer Vergangenheit, wenn wir bei strenger Kälte unter lange Strümpfe und die kurze Hose eine lange Unterhose anziehen mussten. Die leuchtete dann als breiter Streifen zwischen Strümpfen und Hose hervor. Es war zudem unangenehm, wenn’s pressierte. Denn unten war eine Klappe, oft mit übereinander reichenden Teilen, und es war dann schwer mit dem Auseinanderziehen. Die Unterhosen, wie sie bei uns auch die Erwachsenen trugen, hatten anfangs in der Taille keinen Gummibund, sondern vier Schlaufen, die man an den Hosenträgern befestigte und gut sehen konnte. Ich habe einen unserer Lehrer noch genau in Erinnerung:
Es war dann um 1950 und ich etwa zwölf, als meine Mutter für mich aus einem Militärkleidungsstück meines Vaters einen Anzug nähen ließ, Jacke und kurze Hose. Wir gingen zu einem Schneider, der aus dem Sudetenland stammte. Ich weiß noch – die vorgesehene Hosenlänge entsetzte mich und ich brach in Tränen aus. Meine Mutter und der Schneider willigten schließlich in eine Kürzung ein. Ich war sehr froh, Hosen mit einer Länge in Richtung Knie waren für mich damals absolut von gestern, kurz – das war modern, das wussten auch wir braven Dorfbuben. Es begann damals im Übrigen eine neue Hosenzeit. Wir bekamen erste lange Hosen, und die stammten aus Hilfslieferungen der Amerikaner.“
Siegrid Krülle