Vor 70 Jahren – Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs Teil VI

Meine Kinder haben mit den Flüchtlingen aufgeräumt“

unterschiedliche Konfessionen als Barriere

Das Problem, das für die Alteingesessenen lange als schwierigstes blieb, war das „katholische“. Aidlingen und Deufringen hatten vor dem Krieg eine Handvoll und nach dem Krieg 800 Katholiken. Der Zuzug so viel Andersgläubiger stellte damals verankerte Glaubens- und Lebenstraditionen in Frage.

Als katholisches Schulkind in einer Außenseiterrolle

Theresia Reichert, geb. Schammberger, berichtet: „Ihre Vorfahren: Die Großeltern Schammberger, also die Eltern des Vaters, stammten beide aus der Batschka, heute Jugoslawien bzw. Serbien, und waren katholisch. Mein Vater flüchtete als 17jähriger, als der Vater vom jugoslawischen Bürgermeister, seinem Freund, einen Hinweis bekam. Die Ehe der Eltern war eine der ersten Mischehen in Aidlingen. Die Mutter war evangelisch-pietistisch. Der Vater katholischer Flüchtling. Die Hochzeit war in Dätzingen. Katholische Trauung .Aber die Mutter blieb evangelisch. Ich wurde jedoch wegen des Vaters katholisch getauft.

Ich kam 1956 in die Schule Im Religionsunterricht war man getrennt. Ich war das einzige katholische Mädchen. Deshalb konnte ich bei manchem nicht mitmachen. Das hat mir etwas ausgemacht. Auch bei der Konfirmation ging ich eben nur so hin. Nur beim Röslebinden konnte ich dabei sein. Wegen meiner katholischen Religion wurde ich auch oft nicht eingeladen. Ein Mitschüler sagte mir, das hätten sie nicht gemerkt, dass ich mich oft als Außenseiter fühlte. Die Oma sagte zu mir – aber eher liebevoll – „gemischte Ware“.

? Unter den Evangelischen war wohl nur ein Flüchtlingskind, die war aus Siebenbürgen. Aus Siebenbürgen war außerdem Bruder Wilhelm Konrad bei den Diakonissen. Seine Tochter ist Diakonisse Beate aus Aidlingen!!!!

Erste katholische Gottesdienste im Zimmer des Johann Bauer

Es hatte das katholische Problem ja durchaus schon vorher gegeben, jedoch nur in zartem Rahmen. Wie sagte doch Lisa, geb. Hetzer, beim Gespräch der 39er? „Da hatte man schon auf die Katholiken in Dätzingen manchmal seinen Zorn. ‚Die katholischen Donnerwetter haben sich unterm Laimer Wäldle gestritten’, habe es oftmals geheißen. Und an Fronleichnam mussten wir auf die Wiese, die Dätzinger hatten frei.“

Aber durch die Ankunft der Flüchtlinge stellten sich andere, auch praktische Fragen.

(Natürlich erinnert man sich so einer Klassenrunde an die damaligen Lehrer: Frau Morlock, Frau Weishaar, Herrn Harr, die aus Siebenbürgen stammende Frau Halmen) Ganz nebenbei kommen wir bei der Plauderei den ersten Aidlinger katholischen Pfarrern auf die Spur. Elisabeth Reichert, geb. Hirth, weiß es: „Der erste katholische Pfarrer wohnte bei uns in der Hauptstraße 33.“ Und Lisa, geb. Hetzer, erzählt, ihrem Großvater Johann Bauer habe ein Hof genau an der Stelle gehört, wo heute die katholische Kirche steht. Als er starb und sein Zimmer im 1. Stock hinten auf den Garten zu frei wurde, duften in diesem Raum katholische Gottesdienste abgehalten werden. Bald darauf durften die Katholiken die evangelische Kirche nutzen. „So lange, bis es gebrannt hat“, lässt Lore, geb. Theurer, verlauten. „Sie hatten die Orgel nicht ausgestellt.“ Ob das stimmt und einen Brand ausgelöst hat, kann dahin gestellt bleiben. Denn feststeht, die katholischen Vertriebenen hatten längst den Bau einer eigenen Kirche im Sinn, um damit ihrem Glauben in anderer Form als in einem Wohnzimmer Gestalt und Gesicht zu geben..

Frau Erika Rottler, geb.Wacha ?, geb. 1940, aus einem sudetendeutschen Ort nahe der Grenze Richtung dem nicht weit entfernten Wien gelegen, hat in der Schule nichts von Abwehr gemerkt. Als sie den evangelischen Ehemann Rottler geheiratet habe, aber sie sich auf eine katholische Trauung geeinigt hätten, sei der damalige ev. Pfarrer zur Schwiegermutter Liesl Rottler gekommen. Das habe ihr Mann dem Pfarrer auch fortan verboten. Denn auch die weiteren zwei Kinder von Liesl Rottler heirateten Flüchtlinge. Sie habe dazu gesagt: Meine Kinder, die räumen auf mit den Flüchtlingen

Tochter Hermine heiratet Adam Nauenheimer

Jüngster Sohn heiratet ‚Tochter Gampper

Helmut Evi Wagner aus Batschka

Der Blickwinkel der Einheimischen war eher auf die Gründe für die Ablehung gerichtet, die Störung des bisherigen.

Die Vertriebenen brauchten die Anerkennung als gleichberechtigte Dorfbewohner.

Die Auswirkung des Zuzugs der Vertriebenen auf das soziale Gefüge Aidlingens hat Herr Postbote Reichert im Auge: Die Nähe der Einheimischen untereinander habe sich durch die Fremden verändert. Das Zusammenleben sei weniger intensiv geworden. Hier ist wohl maßgebend, dass bestimmte Rituale und Lebensformen, in die früher ein jeder einbezogen war, nicht mehr dieselbe Verbindlichkeit hatten, weil ein Teil nicht dazugehörte.

Aus der Sicht der Vertriebenen konnte für die Integration nichts Wertvolleres erlangt werden, als wieder ein eigenes Heim. Hier tat Dr. Benno Kubin für die Vertriebenen, der zwischen 1948 – ?? Wohnungen bauen half , unermisslich viel.

Herr Fritz Zweygart resumierte: Es hat sich herausgestellt, es war gut, dass alle die Vertriebenen und Flüchtlinge zu uns kamen. Die Bevölkerung wurde durchmischt und bereichert, das war notwendig.

Kinder hatten es vielleicht generell leichter. So erinnerte sich Frau Hedwig, Abkömmling ungarndeutscher Flüchtlinge, wie sehr sie sich in Aidlingen heimisch gefühlt habe und von jedem auswärtigen Besuch immer in Vorfreude zurückgekehrt sei.

 

 

Theresia Reichert, geb. 1950, geb. Schammberger

Der Vater ist mit 17 bei Nacht und Nebel geflohen nach Klagenfurt und hat sich dort bei der deutschen Wehrmacht „einkleiden“ lassen. Er hat den Großeltern ein Foto in Wehrmachtsuniform geschickt. (Erinnert mich an Heinrich Penz, der aus derselben Ecke stammen soll).

Der Großvater war mit serbischem Bürgermeister befreundet. Der hat ihm eines Tages geraten: Geh schnell! Am nächsten Morgen wären sie abgeholt worden.

Die Stiefmutter des Vaters/Großvaters/Großmutter? Ist in Rudolfsgnad umgekommen. Die Oma hatte Ohrringe, die die Serben dieser Stiefmutter ausgerissen hatten

Der Vater der Oma ist nach Ungarn geflohen über die nahe Grenze. Er wollte nochmals zurück, um etwas zu holen. Dabei wurde er erschossen.

Oma kam nach Ungarn und über Österreich nach D. Dort Unterjettingen. Wurden Eisenhard in der Hauptstraße, neben Pflegeheim zugeteilt. Dann im Adler im Kleinen Häusle gewohnt. Dann gebaut in der Tulpenstraße mit 1 Sohn und meinen Eltern. Rosenstraße? Die Oma wirkte anfangs fremd durch Kleidung und Ernährung. Typisch jugoslawiendeutsch angezogen, Kopftücher, lange dunkle Kleider. „Knoblauchfresser“, so die Leute.

Die Ehe der Eltern war eine der ersten Mischehen in Aidlingen. Die Mutter war evangelisch-pietistisch. Der Vater katholischer Flüchtling. Die Hochzeit war in Dätzingen. Katholische Trauung .Aber die Mutter blieb evangelisch. Ich wurde jedoch wegen des Vaters katholisch getauft.

Mutter hat sich auf jugoslawische Küche eingestellt. Schwäbische Küche kenne ich nur von der Reichert-Seite. Reichert-Oma war sehr erleichtert, als ich bei meiner Hochzeit 1969 als Katholikin einen Evangelischen heiratete.

Schule: Ich kam 1956 in die Schule Im Religionsunterricht war man getrennt. Ich war das einzige katholische Mädchen. Deshalb konnte ich bei manchem nicht mitmachen. Das hat mir etwas ausgemacht. Auch bei der Konfirmation ging ich eben nur so hin. Nur beim Röslebinden konnte ich dabei sein. Wegen meiner katholischen Religion wurde ich auch oft nicht eingeladen. Ein Mitschüler sagte mir, das hätten sie nicht gemerkt, dass ich mich oft als Außenseiter fühlte. Die Oma sagte zu mir aber eher liebevoll „gemischte Ware“.

? Unter den Evangelischen war wohl nur ein Flüchtlingskind, die war aus Siebenbürgen. Aus Siebenbürgen war außerdem Bruder Wilhelm Konrad bei den Diakonissen. Seine Tochter ist Diakonisse Beate aus Aidlingen!