Die Bäurin, die Mägde, sie dürfen nicht ruh’n.
Sie haben im Haus und im Garten zu tun.
Sie graben und rechen und singen ein Lied.
Und freu’n sich, wenn alles schön grünet und blüht
Im ersten Vers des alten Volksliedes wurde die Männerarbeit auf dem Bauernhof besungen,im zweiten ist es der Anteil, der nach traditioneller Arbeitsteilung den Frauen zugeordnet war: Die Hauswirtschaft mit Sorge für die Ernährung, das Kochen, die Vorratshaltung, mit Sorge für die Kleidung, das Nähen, Waschen, Flicken, Sorge für das saubere Haus, für den Gemüse und Blumengarten und insbesondere die Aufzucht der Kinder. Ein breites Pensum das ganze Jahr durch, zu dem auch noch die Mitarbeit im Stall und auf dem Feld kam, wenn es auf dem
kleinen Hof an Helfern fehlte, die Männer im Krieg waren oder sie später die Landwirtschaft nur noch als Nebenbetrieb weiterführten und zur Arbeit gingen.
Romantisch war solch ein Leben nicht, und Frau Ruth Mohr, Dachtel, 85, nach dem Singen befragt, sagte nüchtern: „Gesungen haben wir in der Schule, bei der Arbeit kann man nicht singen.“ Die Frauen gingen oft an die Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit, die krummen Rücken waren geradezu ein Sinnbild für die alte Bauersfrau. Die Frauen waren zwar viel gewöhnt und wie die Männer dem jeweiligen Zeitgeist ausgeliefert. Auch hatten der Status der Bäuerin und die dörfliche Gemeinschaft ihre Bedeutung. Aber ob neben dem kräftezehrenden Alltag für Glück und Freude noch immer Platz war? Sehr häufig wurde all die anstrengende Arbeit nicht gewürdigt und damit die Frauen auch selbst nicht anerkannt.
Nichts bringt das krasser zum Ausdruck als ein von Frau Elsa Wissmann aus Dachtel (1913-2012) zitierter Spruch: „Weibersterben ist kein Verderben. Aber Gäulverrecken, das ist ein Schrecken.“
Am wenigstens wurde Rücksicht genommen auf das, was die Frauen körperlich am meisten belastete, die Schwangerschaften und Geburten, bis zum Kriegsende oft in hoher Zahl. Da ist auch nach 60 Jahren noch die Kränkung durch mangelnde Anteilnahme spürbar: „Alle Männer bereiteten eine Woche lang ein Vereinsfest vor und ich musste im schwangeren Zustand den Güllewagen fahren.“ Oder: „Ich war den Ochsen nicht gewohnt und stolperte bei der Feldarbeit über einen Randstein. Davon kam mein Kind drei Wochen zu früh auf die Welt.“ Wie eine Aidlingerin erzählt, habe ihre damals selbst schon alte Mutter oft auf der Bank gesessen und über ihren eigenen Vater gehadert. „Ich verstehe seine Rücksichtslosigkeit
nicht. 17 Kinder hat unsere Mutter geboren, von denen 10 groß wurden. Beim siebzehnten starb sie. Die ältesten, 19 und 18, mussten die Kinder aufziehen. Und er war verbittert.“
Es ging auch früher schon anders. Der Wohlstand allein machte es nicht, auf die innere Einstellung kam es an. Ein beglückendes Beispiel für gegenseitige Wertschätzung und Annahme kann man von Frau Walentin aus Aidlingen erfahren. Sie ist über 90 Jahre alt und stammt aus einem großen Bauernhof in der Zips, einem deutschen Siedlungsgebiet in der heutigen Slowakei. „Wir hatten Knechte und Mägde, ich brauchte nicht helfen, obwohl ich die Hoferbin war. Ich war eher zart und etwas verwöhnt. Ich hatte Glück mit meinem Mann, er war ein guter, tüchtiger und überzeugter Bauer. Er konnte alles. Er konnte z. B. auch
schneidern, nähen und spinnen. Er hat für mich immer viel erledigt, auch nach der
Vertreibung. Er war geschickter als ich und praktisch veranlagt. Er hat mir in vielem
geholfen, bis zuletzt. Manchmal wache ich auf, greife neben mich und denke, er müsste immer noch da sein.“
von Siegrid Krülle