Erinnerungen an die Schulzeit in Deufringen – Teil 5

Frau Claudia Eisenhardt, geb. Breitling, *1959

Frau Eisenhardt, welche Erinnerungen haben sie an Ihre Zeit im Deufringer Kindergarten? – Ich war bei Schwester Marianne im „Baräckle“. Es stand in der Alten Steige gegenüber der Abzweigung Bergweg. Wir waren etwa 40 Kinder. Die Schwester leitete den Kindergarten. Es gab auch noch die „Schüeles-Oma“, die bei Bedarf mithalf. Sie brachte manchmal den Friedemann mit, einen großen Jungen. Wir mussten „Däpper“ (Überschuhe aus Stoff) tragen, sie wurden oben mit einem Gummi zusammenhalten. Die Klotür im Kindergarten war für mich Minipimpf ein Problem: Der Türgriff lag zu weit oben. Nur dann, wenn gerade jemand herauskam, konnte ich hinein. Ich hätte mir aber lieber die Zunge abgebissen, als dass ich Schwester Marianne gesagt hätte, dass ich die Klotür nicht aufkriege. Lieber machte ich mir in die Hose.

Nun zu den Erinnerungen an Ihre Schulzeit. – Ich wurde mit sechs Jahren eingeschult, ich war immer die Kleinste. Rektor war Herr Keck, er stand schon kurz vor der Pensionierung, hatte nur noch ein Schuljahr. Er war – zusammen mit dem Pfarrer – für Schüler und Eltern eine Respektsperson. Herr Mozer war als junger Lehrer an diese Schule gekommen. In der 1. Klasse hatten wir Herrn Kögler, er wohnte in der Alten Villa bei Kuttruffs. In der 3. und 4. Klasse hatten wir Fräulein Burkert. Handarbeitslehrerin war Fräulein Ergenzinger.

Welche Fächer gab es noch? – Lesen, Schreiben, Rechnen. Ich war der vorletzte Jahrgang, der noch mit dem Griffel auf die Schiefertafel schrieb, aber nur in der 1. Klasse. Meine Schwester, zwei Jahre jünger, schon nicht mehr. Ich wurde 1966 eingeschult und ging nur dreieinhalb Jahre in die Grundschule, weil es zwei Kurzschuljahre gab. Das neue Schulhaus war 1963 eröffnet worden. Es wurden noch je zwei Klassen zusammen unterrichtet: die 1. und 2. und die 3. und 4.

An welche Lehrer erinnern sie sich? – Katholische Religion unterrichtete Pfarrer Ruiten aus Aidlingen, ein netter Mann. Er war so groß, dass er sich an den Türen bücken musste. Wir Evangelischen hatten Religion bei Pfarrer Tetzlaff. Morgens standen alle auf, sagten im Chor „Guten Morgen, Herr X oder Fräulein Y“ und sangen ein Morgenlied. Lieder und Gedichte wurden in jeder Klasse gelernt. Später klagte Pfarrer Frauer (evangelische Religion) einmal: Eltern hätten sich beim Elternabend beschwert, weil er Lieder auswendig lernen lasse. Das sei nach Meinung dieser Eltern veraltet, dafür hätten ihre Kinder keine Zeit. Die brauchten nichts zu lernen, wozu sie keine Lust hätten. (Um den Wert des Auswendiglernens zu beweisen, rezitieren Interviewte und Interviewer an dieser Stelle gemeinsam ein Lied von Paul Gerhardt.)

Können Sie sich an Schülerstreiche erinnern? – Ich wäre standrechtlich in die Hölle gekommen, wenn ich mir etwas erlaubt hätte. Man hat sich nichts getraut. Vor dem Krieg, als mein Vater zur Schule ging, spielten sie böse Streiche. Es war ihnen egal, ob sie Schläge bekamen, der Streich war ihnen die Schläge wert. Meine Mama hat noch Schläge mit dem Stecken gekriegt, ich nicht mehr. Meine Tante erzählte einmal einen Streich, an dem mein Vater mit anderen Jungen beteiligt war: Als der Lehrer auf dem Klo war, banden sie ein Bücherregal, das im Flur stand, an die Klotür. Als er herauskam, fiel das Regal um. Da gab es „die Hucke voll“.

Erinnern Sie sich an ein lustiges Ereignis? – Wir hatten damals in der Grundschule eine einzige türkische Schülerin. Als wir eine Geschichte vorlesen mussten, erntete sie schallendes Gelächter. Es ging um ein Preisschießen: „Hätte ich nicht im Schießen die höchste Ringzahl erworben, …“ Sie aber las: „Hätte ich nicht im Sch… die höchste Ringzahl erworben, …“ 

Erinnern Sie sich auch an ein weniger schönes Erlebnis? – Ich war Linkshänderin, aber linkshändig schreiben durfte man damals nicht. Die Handarbeitslehrerin sagte die gesamte Schulzeit zu mir: „Du nähst falschrum!“ – Das Lehrschwimmbecken war neu und toll, aber für mich war es ganz schlimm. Wenn Schwimmen war, habe ich geheult, weil ich so klein war und nicht richtig stehen konnte. Ich musste die Beine um den Bauch von Herrn Kögler schlingen und mit den Armen Schwimmbewegungen machen, um den Kopf über Wasser zu halten. Wenn die Schwimmstunde zu Ende war, hatte ich Schmerzen, alle Muskeln waren verkrampft, kaum konnte ich nach Hause laufen. Schwimmen gelernt habe ich erst bei Fräulein Burkert in der 3./4.Klasse.

Wie war die Schulkleidung damals? – Es gab keine besondere Schulkleidung. Verpönt war aber, dass Mädchen in der Schule Hosen trugen. Sie trugen Rock, Schürze und Kniestrümpfe. Meine erste Hose bekam ich frühestens mit 12 Jahren. 

Wie kamen Sie als Deufringerin später nach Dachtel, sozusagen ins feindliche Ausland? – Meine Patentante wohnte in Gechingen. Sie war kinderlos und litt darunter. Ich war ihr Ersatzkind, sie verwöhnte mich. Sie kaufte mir eine Blockflöte, so konnte ich am Flötenunterricht in der Schule teilnehmen. Sie war auch die treibende Kraft, dass ich auf die Realschule kam. Meine Eltern waren dagegen: „Du heiratest ja sowieso.“ Meine Freizeit am Wochenende und in den Ferien verbrachte ich gewöhnlich bei der Patentante in Gechingen. 

Wie haben Sie Ihren Mann kennengelernt? – Auch in Gechingen, wir heirateten 1982. Mein Vater sagte: „Muss es ausgerechnet ein Dachteler sein? Wenn die Hochzeit in Dachtel ist, komm ich nicht dazu.“ Die Trauung fand dann in der Deufringer Kirche statt.

Frau Eisenhardt, vielen Dank für dieses Interview!

Aufgezeichnet von Paul de Vooght