Die ganz besondere Schokolade

Schokolade

Schokolade

Wie wertvoll ein Geschenk sein kann, auch wenn es noch so klein und bescheiden erscheint, geht aus der Erzählung einer Aidlingerin hervor. Sie denkt in der Zeit um Weihnachten und der Jahreswende mit besonderer Rührung und Liebe an ihren Vater zurück:

„Ich war vier Jahre alt, als mein Vater im Oktober 1945 schwer verwundet aus amerikanischer Gefangenschaft nach Hause zurückkehrte. Er war braun gebrannt. Ich erkannte ihn nicht und er war mir fremd. ‚Wann goht der Må wieder? Der Må soll wieder ganga’, soll ich laut meiner Mutter gesagt haben.

Mein Vater hatte mir aber etwas Unvergessliches mitgebracht: Vier Rippen Schokolade in Silberpapier, die er von seiner Ration aufgehoben hatte. Schokolade – wann gab es das damals schon! Ich habe sie in eine Tasche meiner schönen weißen Schürze gesteckt, sie jeden Tag hervorgeholt, ausgepackt, daran geleckt, dann wieder ins Silberpaper eingepackt und in die Tasche zurückgesteckt! Ich wollte möglichst lange etwas davon haben. Nach ein paar Tagen war jedoch schrecklicherweise nichts mehr da, ich hatte meine Schokolade verloren, sie war aus der Tasche herausgefallen. Auch meinem Vater tat das natürlich sehr leid, und er meinte, ich hätte sie doch besser gleich ganz aufessen sollen.

Für mich war dieses Geschenk auch deswegen von besonderer Bedeutung, weil mein Vater die Schokolade verbotenerweise mitgebracht hatte. Es war den Soldaten bei ihrer Entlassung streng untersagt, Lebensmittel nach Hause mitzunehmen. Weil er mir eine Freude machen wollte, hat er sogar etwas Verbotenes für mich getan. Das berührt mich bis heute.“

von Siegrid Krülle