Weihnachtsbrauch im Hauerland

„Ich erinnere mich,“ erzählt Frau Brigitte Dunger aus Aidlingen, „da war ich 18 bis 20 Jahre alt, die Aufregung vor Weihnachten war immer etwas besonderes. Die Vorfreude – heimlich für jeden ein Päckchen mit Kleinigkeiten, dann Geld war rar.“

Ein Weihnachtsbaum wurde schön geschmückt, mit Pralinen in Seidenpapier eingewickelt, Walnüssen silbern bemalt, kleinen Äpfeln, Blumen, Körbchen aus Krepppapier gebastelt, Kugeln, Engel, eine schöne Christbaumspitze und viele Wachskerzen.
Im Kachelofen brannte das Feuer. Über dem Esstisch brannte eine Petroleumlampe, hell oder dunkel, das war sehr romantisch. Der Tisch war festlich schön gedeckt mit 2 großen Kerzen und einem Kreuz. Es gab dreierlei Mehlspeisen.

Bei uns war es Brauch, wer Tiere hatte, die bekamen von allen Speisen eine Kostprobe. Vati tat alles in eine große Holzschüssel und die brachten wir zu den Tieren in den Stall, bevor wir in die Kirche gingen.

Mutti hatte viel Arbeit mit dem Kochen und Tischdecken. Wenn wir von der Kirche nach Hause kamen, war das Essen fertig. Das Zimmer war mollig warm. Wir standen am Esstisch und beteten gemeinsam den Engel des Herrn und für die Verstorbenen. Dann hat es uns geschmeckt. Anschließend wurden die Geschenke ausgepackt und man freute sich über jede Kleinigkeit.
Nach dem Essen kam eine Schale mit Äpfeln, Nüssen, Feigen, Oblaten und Honig auf den Tisch und jeder konnte essen, was er wollte. Die Eltern bestrichen die Oblaten mit Honig und verteilten sie. Unser Vater konnte die Äpfel kunstvoll schlüsselartig verschneiden.

Kurz nach Mitternacht kamen Freunde oder Nachbarn vorbei, die schon draußen Weihnachtslieder sangen oder „kommt der Nachbar nur zu mir“.
Dann gingen wir gemeinsam zur Mitternachtsmette in die Hauptkirche außerhalb des Wohnortes auf einer Anhöhe.
Unser Bruder Eduard war Tischlerlehrling, der hatte uns für die Wohnküche in der Ecke eine schöne Weihnachtskrippe geschnitzt. Die Krippe war so groß wie die in der Kirche. Da brannte das ewige Licht in einer Schale Tag und Nacht.

von Siegrid Krülle