Vor 70 Jahren – Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges Teil VII

Die Herkunftsgebiete der deutschen Vertriebenen und die Geschichte der Ansiedlung

Die überwiegende Zahl der 12 – 14 Millionen Deutschen, die bei oder nach Kriegsende durch Flucht, Vertreibung, Umsiedlung, später auch als Spätaussiedler, ihre Heimat verloren, stammten aus den östlichen Gebieten Deutschlands in seinen damaligen Grenzen und waren deutsche Staatsangehörige wie die Bayern, Niedersachsen oder Württemberger auch. Sie kamen aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße, die durch das Potsdamer Abkommen an Polen (bzw. in Nordostpreußen an die UdSSR) zur Verwaltung übergeben und diesen Staaten dann durch die Verträge von 1990 endgültig überlassen wurden. Zu diesen Gebieten zählten

  • Schlesien,

  • ein kleiner Teil Brandenburgs (Neumark),

  • Pommern und

  • Ostpreußen.

Die übrigen waren sog. Volksdeutsche (ein seit den 20er Jahren verwendeter Begriff), die in den Staaten Ost- und Südosteuropas beheimatet waren, in der Regel die Staatsangehörigkeit ihrer Herkunftsländer hatten, aber deutscher Abstammung waren. Die Herkunftsstaaten mit den hier beheimateten Deutschen waren

im Osten von Deutschland

  • die „Freie Stadt Danzig“ an der Weichselmündung mit einer fast rein deutschen Bevölkerung;

  • Polen mit den Westpreußen, Ostoberschlesiern und anderen „Polendeutschen“;

  • die UdSSR mit v. a. den Schwarzmeer-, Wolhynien-, Galizien- und Wolgadeutschen („Russlanddeutsche“), die während des Krieges nach Sibirien und in asiatische Länder wie Kasachstan verschleppt worden waren und, soweit sie überlebten, zum großen Teil als Spätaussiedler nach Deutschland kamen. Zur UdSSR zählten bei Kriegsende auch die baltischen Länder (Litauen, Lettland, Estland), die erst nach der Wende 1990 wieder unabhängig wurden. Von hier stammten die „Baltendeutschen“;

im Südosten von Deutschland

  • die Tschechoslowakei, die sich 1993 in Tschechien und die Slowakei teilte, hier waren die „Sudetendeutschen“ und die „Karpatendeutschen“ zu Hause;

  • Ungarn, von hier kamen die „Westungarndeutschen“, die „Donauschwaben“ und ein Rest der nach dem 1. Weltkrieg bei Ungarn verbliebenen „Banater“;

  • Jugoslawien, Deutsche lebten in der Batschka, in Slawonien und Syrmien;

  • Rumänien, von hier kamen die Siebenbürger Sachsen, die Banater Schwaben, die Sathmardeutschen, die Zipser in der Marmarosch, zum Teil kamen sie als frühe Flüchtlinge im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen oder als Spätaussiedler. Rumänien hat nicht vertrieben, sondern später die Aussiedlung gegen Geldzahlungen der deutschen Regierung gestattet;

  • Bulgarien mit einer kleinen deutschen Minderheit.

  • Zu denken ist auch an die Dobrudscha-, Bessarabien- und die Buchenlanddeutschen, die über Umsiedlungsverträge zwischen Deutschland und der UdSSR direkt nach Deutschland oder zunächst in den Warthegau kamen und von dort aus das Schicksal der vertriebenen Deutschen teilten.

Gemäß den Bestimmungen der Alliierten wurden Württemberg vor allem Vertriebene aus der Tschechoslowakei (Sudetendeutsche und Karpatendeutsche) und dem Donauraum zugeteilt. Nach Auskunft der Aidlinger Ortschronik (Kubin, S. 712 f., 716) waren in Aidlingen bis 1949 344 Vertriebene aus der Tschechoslowakei registriert und 268 Vertriebene, die Donauschwaben aus Ungarn und Jugoslawien waren. 26 waren aus den deutschen Ostgebieten, 5 aus Rumänien, 3 aus Russland. Durch Zuzug kamen aus den letztgenannten Gebieten später weitere Neubürger hinzu.

Die Sudeten- und Karpatendeutschen machten mit 3,3 Millionen Einwohnern früher ein Viertel der Bevölkerung der Tschechoslowakei aus. Sie waren in den Randgebirgen Böhmens, Mährens und Sudetenschlesiens zu Hause, im Böhmerwald, den südlichen Randgebieten Böhmens und Mährens und in einigen Sprachinseln. Die Karpatendeutschen lebten in der Zips südlich der Hohen Tatra, im Hauerland und einem kleinen Gebiet um Pressburg. Zu den Donauschwaben wird noch einiges zu sagen sein.

Fortsetzung folgt

Siegrid Krülle