Von Schulbehausung, Schulmeister und Schulgeld – zur Geschichte unserer Schulen Teil V

Das Schulwesen in Lehenweiler

Vom ersten Schulmeister von 1716 zur Schule von 1839

Die Bewohner des 1709 gegründeten Lehenweiler hatten früh, anscheinend schon ab 1716, einen eigenen „Schulmeister“, der So ist dann auch in der Karte von 1747 unter der Grundstücksnummer 374 a ein Grundstück „Thren Heinrich, Schulmeister“ eingezeichnet. Die Karte von 1830 weist Grundstücksteilungen, aber auch ein anderes Nummerierungssystem auf. Nr. 374 a entspräche hier der Nr. 13, unter der aber jetzt kein Schulmeister mehr vermerkt ist. Jedoch vermerkt die Karte von 1830 zwei Gebäude in östlicher Richtung entfernt unter Nr. 11 ein „Schulhaus“. In den Erläuterungen zur Karte von 1830 ist als „öffentliches Gebäude“ ein „Schulhaus mitten im Ort“ angegeben und damit offensichtlich auch das Anwesen Obere Gasse Nr. 11 gemeint. Das danach im Jahr 1839 erbaute Schulhaus, heute als Bürgerhaus im Einsatz, entstand in der Folgezeit

am östlichen Ortsrand, „vorne am Weiler“. Hier befand sich damals keinerlei Vorgängergebäude, sondern ein großer leerer Platz.

1923 – 1949: Lehrer Walter – eine der prägenden unvergesslichen Lehrergestalten

In der Lehenweiler Schule war eine ganze Reihe bemerkenswerter Lehrer im Einsatz, um 1800 schon z. B. der aus der Balinger Gegend stammende Lehrer Adam Friedrich Koch, der die Tochter des Dorf-Anwalts Groß heiratete.

Viele der heute lebenden Laimer aber haben noch aus den 20er – 40er Jahren des letzten Jahrhunderts ihren damaligen Lehrer Walter in Erinnerung. Im Jahr 1923 wurde Lehrer Julius Walter von seiner bisherigen Lehrerstelle in der Nähe von Pforzheim in die kleine einklassige Dorfschule nach Lehenweiler versetzt. Er war 1887 geboren, zum Zeitpunkt der Versetzung also 36 Jahre alt. Er und seine Frau Adaline, geb. Leins, hatten zwei Töchter, Gertrud und Elfriede, ein Sohn namens Hermann wurde 1926 in Lehenweiler geboren.

Lehrer Walter wurde versetzt, weil er erblindet war. Die Ursache war eine Netzhautablösung. Den Unterricht in der kleinen Schule mit wenigen Schülern glaubte man ihm eher zumuten zu können. Er hat ihn unter der offiziell genehmigten Mithilfe seiner Frau auch bewundernswert bewältigt. Sie war am Unterricht beteiligt, führte mit ihm zusammen die Korrekturen von Schülerarbeiten aus, sie las vor, er hatte ein hervorragendes Gedächtnis und konnte die Verbesserungen anordnen. In die Unterstützung waren auch andere eingebunden, wie die nicht nur als Heckengäuführerin bekannte Frau Ursula Kupke aus Böblingen erzählen kann. Ihr Vater musste z. B. lange täglich bei Lehrer Walter zum Vorlesen der Zeitung erscheinen. Ihr Vater war der aus Lehenweiler stammende spätere Landrat Hess. Er und sein Freund Otto Gotthilf Groß waren Schüler von Lehrer Walter, der die beiden wegen ihrer hervorragenden Leistungen auch besonders förderte und mit dafür sorgte, dass sie höhere Schulen besuchen konnten. Walters Sohn Hermann war im Alter von 16½ Jahren eingezogen worden, er wurde in der Gegend von Hagenau ausgebildet und ist im Februar 1945 gefallen. Noch bis Mai 1945, bis zum Kriegsende, übte Lehrer Walter sein Lehreramt aus. Er war ein überzeugter und engagierter Lehrer. In 22 Jahren Lehrertätigkeit hat er einige Generationen von Lehenweiler Schülern geprägt. Er starb 1949 in Lehenweiler.

Karl Hess hatte Gertrud, eine der Töchter seines ehemaligen Lehrers , geheiratet. Lehrer Walter und seine Frau waren also die Großeltern von Ursula Kupke. Die junge Familie Hess lebte in Heilbronn, wo Karl Hess als Jurist am Landratsamt tätig war, ehe er als Soldat eingezogen wurde. Mutter und Kinder kamen Ende 1944 wegen der Bombengefahr in Heilbronn nach Lehenweiler. So war es ganz selbstverständlich, dass Ursula Kupke beim Großvater in die Schule ging und sich auch sonst viel bei den Großeltern aufhielt, ihnen auch half, z. B. an den Samstagen häufig die Großmutter Walter zum Einkaufen nach Aidlingen begleitete. Und sie kannte sich in den Räumlichkeiten der Schule bestens aus, denn hier in der Lehrerwohnung waren die Großeltern ja zu Hause.

Das alte Schulgebäude

Die wichtigste Etage im Schulgebäude war der erste Stock. Hier befanden sich straßenseitig die Lehrwohnung und gegenüber das Klassenzimmer. Im Parterre hatten der Hühnerstall, das allgemeine WC, ein größerer Waschraum und ein zur Lehrerwohnung gehörender Raum ihren Platz. Hier waren später eine vierköpfige Flüchtlingsfamilie Schäfer und nochmals später eine Bankfiliale untergebracht. Im Dachgeschoß befanden sich der Zugang zum obersten Boden, ein größeres weiteres Zimmer und ein Raum, in dem die Schüler für den Lehrer Pflanzen sammelten. Sie wurden nach Magstadt zum Pflanzensaftwerk Schoenenberger verkauft, das heute noch existiert.

Auflösung der Schule

Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs mit der Ortsbevölkerung die Anzahl der schulpflichtigen Kinder, die Schule wurde zu klein und ein neues Schulhaus gebaut, das 1957 eingeweiht wurde. Ab 1966 wurde die neue Schule nur mehr für die Unterklassen verwendet, die oberen Klassen fuhren mit dem Bus in die Aidlinger Schule. Im Zuge der damaligen Schulreform wurde die Schule zum Ende des Schuljahrs 1972 -1973 ganz aufgelöst. Auch die Schüler der Unterstufe müssen seither nach Aidingen fahren. Seit 1973 beherbergt das ehemalige Schulgebäude von 1957 den örtlichen Kindergarten. Die zuletzt nur noch als Wohnhaus verwendete alte Schule wurde unter vorbildlicher Beteiligung der Dorfgemeinschaft renoviert und umgebaut und dient seither als Bürgerhaus.

Quellen: Aidlinger Ortschronik, Wesely, S. 388; 300 Jahre Lehenweiler, Jubiläum 2009, S.16, 65, 69

von Siegrid Krülle