Joachim Müller-Gräfe – Maler vom Heckengäu

Am 24.7.2013 jährte sich bereits zum 30. Mal der Todestag des Malers, Grafikers, Dichters und Pädagogen Joachim Müller-Gräfe.

Kurzbiografie:

Hans Joachim Müller wurde am 14.Februar 1919 in Altenburg/Thüringen geboren. Die Ergänzung und Namensänderung zu „Müller-Gräfe“ erfolgte erst 1981. Sein Vater, Ernst Müller (-Gräfe) war ein bekannter Kunstmaler in Altenburg und stammte aus einer alteingesessenen Bauernfamilie aus Nobitz. Er war Joachims Vorbild und zugleich auch sein Lehrer. Die Mutter hieß Elsbeth Wally geb. Wicka. Auch sein Bruder wählte den Beruf des Malers. Nach der Schulausbildung folgte der Kriegsdienst. Nach Kriegsende lernte er seine Frau, die Tochter des Fabrikanten Paul Schaufelberger, Dora Elisabeth Schaufelberger kennen. Sie heirateten am 3. April 1949 in Deufringen und bauten das Haus im Oberen Wengertweg in Deufringen. Dort wohnte er mit seiner Frau bis zu seinem Tode. Müller-Gräfe vereinte viele Talente in sich. Er war nicht nur Grafiker und Maler, sondern hatte auch Freude am schreiben von Schüttelreimgedichten. Später wurde er an einem musischen Gymnasium Pädagoge. Als Kunsterzieher wurde er für seine Geduld und sein Geschick im Umgang mit jungen Menschen sehr geschätzt.

Auszüge aus der Trauerrede an der Trauerfeier am 27. Juli 1983 seines Freundes Dr. med. Gerhard Vescovi bringen dem Leser das Leben und Wirken von Joachim Müller-Gräfe näher:

„… Wir blicken voll wehmütiger Erinnerungen und Gedanken auf das Leben des Verstorbenen, das die Gattin so lange Jahre glücklich und gut, wie aber auch in schweren Stunden mit ihm teilen durfte, und an dem wir, seine Freunde, gleichfalls nicht nur viele Jahre, gleichfalls nicht nur viele Jahre, sondern auch in besonderer herzlicher Verbundenheit Anteil hatten. Und wir blicken dabei auf einen Menschen, der als außergewöhnliche Persönlichkeit sowohl als Mensch wie auch als begnadeter Künstler durch die Freundschaft, die er uns schenkte, zu einem Teil unseres eigenen Lebens geworden ist, von dem es nun Abschied zu nehmen gilt. Und es gilt dabei nicht nur für die Angehörigen und die Freunde von Joachim Müller-Gräfe Abschied zu nehmen, es sind auch viele Bewunderer und Freunde seiner Kunst, besonders aber Bürger von Deufringen und Aidlingen, die dem weithin bekannten „Maler vom Heckengäu“, dem Erzähler in Bildern ihrer Heimat ihre letzte Referenz erweisen.

Joachim Müller-Gräfe, der in der schönen Stadt Altenburg in Thüringen geboren wurde, wuchs gleichsam mit Künstlerblut in den Adern auf. Der Vater war ein hochangesehener und weithin bekannter Maler, dessen Werke in der Staatsgalerie bewahrt sind, und es mochte ihn mit Freude und Sorge zugleich bewegt haben, daß nicht nur der Verstorbene, sondern auch sein Bruder der gleichen Begabung folgten und den freien Künstlerberuf erstrebten. Liebevolle Hinwendung des Vaters und der allzu früh verstorbenen Mutter, dazu eine gute schulische und akademische Ausbildung ließen das besondere künstlerische Talent heranreifen. Zur Malerei und der besonders gepflegten Grafik, gesellte sich bald schon die Musik, das eifrig geübte und das zuletzt so gekonnte Spiel am Flügel.

Krieg und Kriegsende brachten dem jungen Künstler zwei entscheidende Ereignisse für das weitere Leben.  Die Begegnung mit seiner Lebensgefährtin und durch sie die neue Heimat im Heckengäu, das stille, beschauliche Haus in den ehemaligen Weinbergen in Deufringen, wo sich in der Folge sein Leben entfalten und wo es seinen Standort bis zum Ende finden sollte. Hier traf er in reichem Maße Natur, Stille und Einkehr, eine bäuerliche, urwüchsige Kultur und Menschen, die ihm liebens- und darstellenswert in der Mühe um ihr Dasein waren.

Er liebte dieses Dorf, diese Landschaft und ihre Menschen, deren unermüdlicher Schilderer und Beschreiber er wurde….   Die Bäume – wer hat sie so eindringlich geschildert und dargestellt wie Joachim Müller-Gräfe. Aber auch Schafherden und Schäfer, Häuser im Dorf mit altem Gemäuer, die sanften Aufschwünge der Hügel und die weiten Felder im Wechsel der Jahreszeiten boten ihm auf seinen ausgedehnten täglichen Spaziergängen immer aufs Neue Entdeckungen, die er mit dem Zeichenstift festhielt und später in Grafiken und in Farbe umsetzte, denen er in der stilistischen Reduktion auf das Wesentliche ihr Wesen abgewann, das Zeitlose im Zeitlichen. Da erscheint auch immer wieder der Mensch, der diese Landschaft unter Mühen kultiviert, der Landwirt hinter dem Pflug und auch seine ihm beigestellten Kreaturen. Der ganze Kosmos bäuerlicher Kultur ist in vielen Details in die Schilderung einbezogen….  Joachim Müller-Gräfe war als Künstler ein ebenso gebildeter wie gescheiter Mensch. Obwohl der Ernst und benediktinische Strenge bei ihm vorherrschten, besaß er einen doch immer wieder durchbrechenden feinen, ironisierenden Humor. So war er ein begehrter Gesprächspartner und verließ man seine Gesellschaft nie ohne Anregung und Gewinn an Wissen und mitgeteilten Kenntnissen, und seine Gäste waren stets beeindruckt von der hohen Kultiviertheit seines Umgangs und seiner Gesprächsführung. Er wußte sich mitzuteilen, und man lauschte gerne seinem Klavierspiel und seinen Lesungen aus Werken der Literatur…..   Spät, aber doch noch in den letzten Lebensjahren wurde ihm in der Heimat Würdigung durch zwei Ausstellungen seiner Werke zuteil. Er hat sich trotz seiner großen Bescheidenheit und Zurückhaltung von Herzen darüber gefreut….“

Bilder und Text von Andreas Wolf