Im Märzen der Bauer…

Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt.
Er setzt seine Felder und Wiesen instand.
Er pflüget den Boden, er egget und sät
und rührt seine Hände frühmorgens und spät.

Viele kennen dieses alte Volkslied gar nicht mehr. Mechanisierung und Rationalisierung haben nach und nach seit der Mitte des letzten Jahrhunderts der traditionellen Landwirtschaft den Garaus gemacht. Nur einige größere Betriebe sind geblieben. Das früher viel gesungene Lied erinnert jedoch daran, wie das Arbeits- und Alltagsleben einmal auch in unseren Dörfern war. Aidlingen, Deufringen, Dachtel und Lehenweiler waren Bauerndörfer; die Menschen lebten überwiegend bzw. ausschließlich von der Landwirtschaft, d. h. von den Erträgnissen, die ihnen Vieh, Felder und Garten lieferten.

Frau Ruth Mohr, geb. Eisenhardt, geb. 1929, ist väterlicher- wie mütterlicherseits Dachteler Urgestein und kennt sich aus. „In Dachtel standen in jedem Anwesen, die Handwerker eingeschlossen, mindestens 2 – 3 Kühe. Heute gibt es bei uns schon längst keine einzige Kuh mehr. Nur die wohlhabenderen Bauern hatten Ochsen oder gar Pferde. 21 Pferde waren es immerhin vor dem Kriege in Dachtel, wie ich noch weiß. Die reicheren Bauern gab es. Die meisten Bauern auch in den umliegenden Orten waren jedoch Kleinbauern, sie hatten Höfe bis zu 5 ha Größe. Unser elterliches Anwesen war 4 ha groß, diese Größe konnte man damals ohne fremdes Personal bewirtschaften. Aber die Arbeit war schwer. Es musste alles von Hand gemacht werden, es gab bis in die 50/60er Jahre noch keine Maschinen. Die Geräte waren aus Holz. Und als Zugtiere hatten wir nur unsere Kühe.“

 

Die Frühjahrsarbeit war besonders wichtig. Die Wiesen und Felder mussten für eine möglichst einträgliche Ernte vorbereitet werden. Der karge Boden musste gedüngt, Gülle und Mist ausgefahren werden. Auf den Wiesen sollte es nach der Heiet möglichst noch eine Öhmded, eine zweite Heuernte, geben. Mit Pflug und Egge wurde der Ackerboden gewendet, gelockert und für die Saat präpariert. Beim Frühjahrsackern wurden Hafer und Gerste, im Herbst der Dinkel gesät, „Korn“ genannt. Das war unser wichtigstes Getreide, das wir auch für das Brotbacken brauchten. Weizen gab es kaum. Beim Säen säte man breitwürfig von Hand, das Sätuch trug man über der Schulter. Anschließend zogen die Kühe nochmals die Egge über den Boden, um die Körner unter die Oberfläche zu bringen. Auf der Straße konnte man die Egge umdrehen und – die „holzigen Zähne“ nach oben – auf Schienen ziehen. Im Frühjahr wurden auch Kartoffeln und Rüben gesetzt. Die Rüben brauchten wir für das Vieh, die Kartoffeln für uns selbst. Vom Acker und Garten hatten wir auch einiges Gemüse, von den Kühen die Milch, von den Hühnern Eier und Fleisch, von unseren zwei Schweinen wurde manchmal eines geschlachtet oder verkauft. Geld hatten wir jedoch wenig.

Wir waren wie die meisten Kleinbauern arm. Ich kam im Sindelfinger Krankenhaus per Kaiserschnitt auf die Welt, das kostete 300 Mark und war für die damalige Zeit viel Geld. Es gab noch keine Krankenkasse, die „Bauernkasse“ wurde erst später eingeführt. Ich erinnere mich auch, dass mein Vater einen Winter durch unser Getreide mit dem Dreschflegel drosch, weil das Geld fehlte,um es im Ort mit einer Dreschmaschine dreschen zu lassen. Mein Vater starb 1941 im Alter von 53 an Krebs . Die Mutter musste mit uns zwei Mädchen nun die Landwirtschaft allein weiterführen. Das gelang, weil uns Verwandte sehr halfen.

Ich habe 1950 geheiratet. Mein Mann war aus Deufringen und arbeitete bei Daimler. Er war nicht der einzige. Wir wohnten zunächst in meinem Elternhaus. 1952 kauften wir den ersten Ochsen, der war schneller und stärker als die Kühe. Es wurde alles in die Landwirtschaft gesteckt. Wir kauften einige erste Maschinen, z. B. eine Schrotmühle und einen Motormäher, vor allem auch einen eisernen Pflug statt des „holzigen“. Den ersten Bulldog im Ort kaufte der Vater von Schäfer Hermann Schaible noch in den 50er Jahren. In der Landwirtschaft bahnte sich langsam eine Wende an.“

von Siegrid Krülle