Erinnerungen an die Schulzeit in Deufringen – Teil 1

Frau Marga Mohr, geb. Maier, *1938

Frau Mohr, waren Sie in Deufringen im Kindergarten? – Ja, und zwar bei der Mutter von Herrn Beutler (Aidlinger Gemeindekämmerer bis 2010). Damals waren noch nicht die Aidlinger Schwestern als Kindergärtnerinnen tätig. Der Kindergarten war zuerst noch oben im Rat- und Schulhaus in dem Raum, der zum Bach hinausgeht, später im Pfarrhaus in der Kapelle. (Pfarrhaus war damals das Schloss.) Wir mussten immer nachmittags auf Liegen schlafen, aber wir konnten es nicht.

Wie viele Jahre sind Sie in Deufringen in die Schule gegangen? – Alle acht Schuljahre. Es gab zwei Schulzimmer. In meiner Klasse waren nur acht Schüler und Schülerinnen. Es hieß: „die kleine und die große Schule“. Wenn man in die 5. Klasse kam, ging man wieder „in die kleine Schule“. Der Unterrichtsbeginn war gestaffelt: von 8 bis ½10 und von ½10 bis 12 Uhr. Die jeweils jüngere Gruppe kam zur zweiten Hälfte des Vormittags. Es gab auch nachmittags Unterricht. 

Haben Sie noch die deutsche Schrift gelernt? – Nein, nur die lateinische.

An welche Lehrer erinnern Sie sich? – An Lehrer Keck. Die Bauern im Ort, die ihm Metzelsuppe brachten, waren bei ihm angesehen. Ich konnte ihm keine Metzelsuppe bringen, meine Mutter hatte nichts. Wenn Konfirmation war, lobte er die, die ihm Kuchen brachten. Einmal sagte er zu mir, ich solle etwas sagen oder machen, und ich schaltete nicht gleich. Da wurde er energisch. Ich antwortete: „Wega deam braucht ma oin net so aschreia. Des ka ma au ruicher saga.“ Von da an war ich gebrandmarkt. Sobald er mich etwas fragte, fügte er hinzu: „Dui muoss ma nadierlich mit Samthandschuoh afassa.“ Das war etwa in der 7. Klasse, und es blieb mir bis zum Ende meiner Schulzeit. Vorher wäre ich zu schüchtern gewesen, aber dieses eine Mal konnte ich den Mund nicht halten.

Wie lief der Sportunterricht? – Geräte fürs Hallenturnen gab es nicht. Geturnt wurde im Freien auf dem Schallenberg, im Winter fiel das Turnen flach. Zum Turnen musste man bei Lehrer Keck wie beim Kommiss im Gleichschritt marschieren. Herr Keck hatte einen Schimpfnamen, aber den will ich nicht sagen. 

Gab es auch Sportfeste? – Ja, einmal zwischen der Alten Villa und dem heutigen Friedhof. Und einmal in den Gärten, danach hatten wir alle Läuse. Das kam so: Wir mussten auf dem Boden knien und Purzelbäume übereinander machen. Ich war mit einem Mädchen zusammen, die hatte Läuse. Meine Mutter ging sofort zum Lehrer, der sagte: „Da ka ma nix mache, des ziag i no durch.“ Bis das Sportfest vorbei war, hatten alle Kinder Läuse. 

Erinnern Sie sich an Lerngänge und Ausflüge? – Einmal waren wir auf dem Neuffen. Dorthin brachte uns der Lastwagen des Milchkutschers. Er fuhr morgens die Milch von Deufringen zum Bahnhof nach Ehningen. Das ist der einzige Ausflug, an den ich mich erinnere. Lerngänge gab es nicht.

Mussten Sie in der Schule Hilfsdienste leisten? – Nicht für die Lehrer, aber für die Schule: Holz auf die Bühne tragen und Ziegel hinauftragen, als das Dach gemacht wurde.

Welche Strafen gab es in der Schule? – Tatzen auf die Finger und Hosenspanner. Wenn man in der Schule Schläge bekam, war es besser, wenn man daheim nichts davon erzählte, sonst hätte man noch einmal etwas abgekriegt. Bei mir war es nicht so schlimm: Zu Hause war nur meine Mutter, mein Vater war vermisst.

An welche besonderen Vorkommnisse aus Ihrer Schulzeit erinnern Sie sich? – Die Eltern einer Mitschülerin lebten getrennt. Eines Tages erschien die Mutter in der Schule und wollte die Tochter mitnehmen. Als die Mitschülerin sah, dass ihre Mutter vorn zur Tür hereinkam, stieg sie hinten zum Fenster hinaus und verschwand. Da waren wir alle betroffen. Die Mitschülerin wollte beim Vater bleiben.

Noch eine weitere Begebenheit? – Gegenüber der Schule lag die Gastwirtschaft „Stern“. Einmal hörten wir drüben vor dem „Stern“ einen Streit zwischen zwei Erwachsenen, Bruder und Schwester. Der untere Teil der Schulfenster war besprüht, sodass man nicht hinausgucken konnte. Wir wurden in unseren Bänken immer größer und wollten sehen, was da draußen los war. Einige standen sogar auf. Eine Mitschülerin sagte: „Dui hot em jetz mit ihrm Handtäschle oine gwischt.“ Das hätten wir brennend gern gesehen. Die Lehrerin aber verteilte „Buckeles“ (Schläge auf den Rücken) und sagte: „Bei so ebbes schlupft ma ganz weit nonter ond guckt net au no zuo.“

Frau Mohr, vielen Dank für dieses Interview!

Aufgezeichnet von Paul de Vooght