Die alte Aidlinger Schule 1818-1968

Zum Start ins neue Schuljahr ein Rückblick auf die alte Aidlinger Schule (1818-1968) und ihre nähere Umgebung

Anfang des 19. Jahrhunderts war die Zeit, in der man sich an vielen Orten auf den ungenügenden Zustand vieler Rat- und Schulhäuser besann. Auch in Aidlingen wünschte man sich ein neues bequemeres Schulhaus, das für die gestiegenen Schülerzahlen mit „einer doppelten Schulstube“ und mit „einem zweiten Provisor“ ausgestattet sein sollte (Ortschronik S. 511). Eine solche neue Schule wurde 1818 auf dem Platz des Vorgängerbaus zwischen Kirche und Rathaus errichtet. Bis 1951 tat sie für Generationen von Schülern ihren Dienst. Dann traten die modernere Buchhalden- und die Sonnenbergschule die Nachfolge an. Die alte Schule bot, in Wohnungen aufgeteilt, noch einige Jahre Flüchtlingen einen vorübergehenden Aufenthalt. 1968 wurde sie, 150 Jahre alt, abgerissen.

Alte Aidlinger Schule

Steht man heute vor der kleinen übriggebliebenen Wiesenfläche, staunt man immer wieder, wie das auf dem Foto abgebildete Schulgebäude zwischen Kirche und Rathaus seinen Platz finden konnte. Die Gebäude bildeten eine Häuserflucht, der Streifen zwischen den Gebäuden aber war schmal, und die Schüler mussten die Schul- und Kirchentreppen zusätzlich als Schulhof verwenden. Richtung Kirche war etwas mehr Auslauf, oder die Kinder verschafften ihn sich zu Lasten des dort befindlichen Lehrer- oder Pfarrgartens, wie Heinrich Stürner, Alt-Aidlinger, Jg. 1923, in Erinnerung an einige Streiche schmunzelnd erzählt. Auch im Hof hatten die Schüler nach ihren Klassengruppen (1, 2 und 3, 4 und 5, 6 und 7) zusammenzubleiben. Im untersten Geschoss der Schule befand sich links gleich das „Kinderschüle“, im ersten Stock waren Schulräume, dort auch ein Ausgang zu einem WC, und im zweiten Stock nochmals ein Klassenraum und die Lehrerwohnung. Wie auf dem Foto an dem Stück freigelegter Mauer zu erkennen ist, handelte es sich bei der Schule um einen Fachwerkbau.

Blick in die Pfarrgasse

Das anlässlich einer Musikveranstaltung aufgenommene weitere Foto gewährt einen Blick in die östlich von Schule, Kirche und Rathaus gelegene Pfarrgasse, wie sie früher aussah. Rechts hinter dem Rathaus fällt ein Fachwerkgebäudeteil auf, der zu dem „schön gestalteten und im Zuge des Schulhausabbruchs niedergerissenen öffentlichen Gerätehäuschen“ gehört, das „schon beinahe in Vergessenheit geraten ist“, wie Wiedmaier, Aidlingen in alten Ansichten, zu Bild 29 ausführt. Laut Heinrich Stürner war in diesem Haus ursprünglich die gemeindliche Moste untergebracht, bis ihr der Gotthilf Schneider in der Badstraße mit seiner Moste Konkurrenz machte; der Zugang zu dieser alten gemeindlichen Moste war vom Schul- und Kirchenaufgang her und der Eingang am Ende des Geländestreifens zwischen Rathaus und Schule.  

Heinrich Stürner zu den Gebäuden auf der linken Seite der Pfarrgasse: „Das untere Haus war ‚Wagners Hans Häusle‘, seit 1969 steht da die Apotheke. Das mittlere Haus gehörte der Zweigart Anna. Dort kam nach dem Krieg der vertriebene Bauer Rott rein, der Großvater von Thomas Rott. Er hatte ein Pferd, die Anna einen leeren Stall, das passte. Die Rott’s bewirtschafteten den Hof von der Anna, nach einigen Jahren haben sie dann ausgesiedelt. Im nächsten, dem oberen Haus wohnte links die Johanna Jann, deren Vater nach dem Ersten Weltkrieg aus Russland gekommen war und sich in Aidlingen niedergelassen hatte. Oben wohnte Gotthilf Löffler. Ganz unten war noch eine separate Eingangstür, da wohnte eine weitere Frau. An der Stelle, wo dieses Haus war, steht heute das Ärztehaus.

Ganz im Hintergrund ist das damalige Pfarrhaus zu sehen, zu dem noch eine Pfarrscheune gehörte. Mein Onkel Heinrich Stürner, Bauer im Winkele, hatte in der Pfarrscheune einen Boden und durfte dort überschüssiges Heu und Stroh lagern. Das Pfarrhaus wurde 1974 abgebrochen. Auch die Pfarrgasse hat heute ein völlig verändertes Gesicht.“

Siegrid Krülle