August 1914 – der Erste Weltkrieg beginnt Briefe an eine Ehefrau

Vor hundert Jahren begann der Erste Weltkrieg, der in viele Familien Leid und Tod brachte. Viele, aber nicht alle reagierten auf die Mobilmachung am 2. August 1914 mit Optimismus und Begeisterung. Der Landwehrmann Karl Groß aus Lehenweiler (geb. 1881), Vater von vier kleinen Söhnen, wurde bald nach Kriegsbeginn an die Westfront abkommandiert. Vorher, noch im August 1914, schrieb er von Stuttgart aus an seine Frau Marie einen Brief:

„Meine liebe Marie! Möchte Dir noch einige Zeilen beifügen, da wir ja eigentlich nie lange allein sein konnten u. weiß eigentlich auch nicht wie mir zu Mute war, als ich zu Hause war. Ich konnte gar nicht viel sagen, umso mehr stürmt es in stillen Stunden auf mich ein. Liebe Marie, ich weiß, Du wirst ausharren mit Deiner schwachen Kraft u. ich darf nicht weich werden. Diese Zeit erfordert eisenfeste Männer, aber mir ist’s immer noch oft, als träume ich u. habe in den letzten Tagen auch nicht besonders gut geschlafen vor lauter Unruhe, aber mache Dir nicht zu viel Sorge um mich. Ich stehe in Gottes Hand, auch wenn ich nach Rußland kommen sollte, ich kann Dir bloß sagen „Bete“ für mich u. ich weiß auch, dass Du
es tust, ich fühle es. Liebe Marie, wie geht es Dir, o Du dauerst mich sehr, dass ich nicht mehr um Dich sein und Dir helfen kann u. an unsere lieben Kinder denke ich mit schwerem Herzen, auch hier kann man nur beten, dass sie doch zu tüchtigen Menschen heranwachsen mögen. Heim komme ich wahrscheinlich nicht mehr in Urlaub. Ich meine, es sei besser so, Du wirst mich schon verstehen.
Also nur Mut und Kopf hoch, umso schöner das Wiedersehen. Also, meine l. Marie, sei nun Gott befohlen und herzl. gegrüßt u. geküsst von Deinem Karl.“

Am 23. Juni 1915 richtete Major und Bataillonsführer Müller an Frau Maria Groß, geb. Secker, Lehenweiler, folgendes Schreiben:

„Das Bataillon teilt Ihnen mit, dass Ihr Ehemann Karl Friedrich Groß, 1. Komp. des Reserve Infanterie Regiments Nr. 247, infolge Kopfschusses durch Artilleriegeschoß bei Ferme Bellewarde am 16.5.1915 den Heldentod fürs Vaterland gestorben ist und am Waldrand östlich der Ferme Bellewarde beerdigt wurde. Zu dem schmerzlichen Verlust, der Sie betroffen hat, spricht Ihnen das Bataillon sein aufrichtigstes Beileid aus. Die zur Regelung von Nachlassgeschäften usw. erforderlichen Unterlagen sind heute dem Standesamt Lehenweiler zugegangen.“

Der Erste Weltkrieg kostete in unserer Gemeinde 130 jungen Männern das Leben: 62 in Aidlingen, 8 in Lehenweiler, 26 in Dachtel und 34 in Deufringen (Maul-Ilg, Ortsgeschichte, S. 647). Das Deutsche Reich zählte 2 Millionen getötete Soldaten, fast eine Million getötete Zivilisten und über vier Millionen Verwundete. Weltweit kamen 17 Millionen Soldaten und Zivilisten um und wurden über 20 Millionen Menschen verwundet. Der Erste Weltkrieg war mitursächlich für die verhängnisvollen weiteren politischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts.

von Siegrid Krülle