Von Schulbehausung, Schulmeister und Schulgeld – zur Geschichte unserer Schulen Teil IV

Das Schulwesen in Deufringen (Fortsetzung)

„ABC-Schütz, geht in d’Schul und kann nix“ – Erinnerungen an die Schulzeit in den 30er Jahren

Frau Johanna Stürner, geb. Breitling, 1923 in Deufringen geboren, ging von 1929 – 1936 in die alte Deufringer Schule und weiß darüber eine Menge zu berichten:

„Wir sind sieben Jahre in die Schule gegangen und hatten einen Lehrer für alle sieben Klassen. Die sieben Klassen waren in die Klassen 1 – 4 und 5 – 7 unterteilt. Die eine Gruppe ging von 8 – 10, die andere von 10 – 12 Uhr in die Schule, manchmal waren wir auch alle Klassen beieinander. Wir hatten auch samstags Schule. Jeden Tag um ¾ 8 Uhr läutete das Schulglöckle, ich glaube von der Kirche. Da wussten alle Kinder im Dorf, jetzt müssen wir in die Schule und von zu Hause weggehen.

Zu meiner Zeit unterrichtete Lehrer Gförer, der aus Nufringen stammte, seine Frau war aus Dagersheim. In der 7. Klasse bekamen wir einen neuen Lehrer namens Keck. In meiner Klasse waren wir zwei Mädchen und acht Buben, von den acht Buben ist ein großer Teil gefallen, den Jahrgang 1923 traf es besonders hart, auch anderswo. Meine Klassenkameradin Hilde Maurer, geb. Breitling, ist ebenfalls schon gestorben. Außer mir lebt nur noch Paul Schmid in Dachtel.

Als Schulanfänger bekamen wir einen Ranzen, der aus Leder, aber meist von älteren Geschwistern geerbt war. Mit meinem war schon mein Bruder in die Schule gegangen. Am ersten Tag schrien die anderen Kinder: ‚ABC-Schütz, geht in d’ Schul und kann nix!’ Wir schrieben anfangs auf eine Schiefertafel, an der zum Abwischen ein Schwämmle und ein Läpple hingen, und benützten zum Schreiben einen Griffel .

Unsere Fächer waren Schreiben und Lesen, Rechnen, Heimat- und Erdkunde, Turnen und Zeichnen. Beim Schreiben hat man immer mit dem i angefangen. Zum Lesen hatten wir eine Fibel, an weitere Bücher kann ich mich eigentlich nicht erinnern. Beim Rechnen wurden wir im Kopfrechnen trainiert, in jeder ersten Stunde gab’s gleich am Anfang für alle zehn Aufgaben die Zahlen rauf und runter. Meist wurden die Ergebnisse in ein Heft geschrieben, das an den Vordermann zur Kontrolle weitergegeben wurde; der teilte die Anzahl der richtigen bzw. falschen Resultate dem Lehrer mit. Ich war beim Kopfrechnen immer ziemlich aufgeregt. Das Multiplizieren und Dividieren lernten wir jedenfalls auch schon in den unteren Klassen, Rechenschieber oder sonstige Hilfsmittel waren damals noch völlig unbekannt. In Heimatgeschichte haben wir viel über die nähere Umgebung erfahren, die Flurnamen z. B. und so manches andere, was Kinder heute leider nicht mehr wissen. Der Lehrer war streng und hat auch Tatzen verteilt. Ich habe aber nie eine bekommen. Die Kerle bekamen manchmal sogar Hosenspanner. Ich glaube, der Lehrer war manchmal auch überfordert.

Unser Turnplätzle war auf dem Schallenberg, und zwar ganz oben, über der heutigen Schule. Da war z. B. eine Weitsprunggrube, eine Anlage für Hochsprung und eine für Langlauf und ein Platz zum Schlagballspielen. Das war damals sehr beliebt. Im Zeichenunterricht haben wir gemalt. Mit Farbstiften in den unteren Klassen, zusätzlich mit Wasserfarben in den oberen drei Klassen. Die Motive ergaben sich aus unserem Umfeld – Mutter und Oma beim Stricken im Wohnzimmer, Garten mit Blumen, Tiere, Gegenstände wie Flaschen oder sonstige Gefäße. Für uns Mädchen gab es sogar eine Handarbeitsschule. Eine ledige Frau, die auch Näherin war, hat uns nachmittags das Handarbeiten beigebracht. Dafür benutzten wir den Raum im 1. Stock gegenüber dem Bürgermeisteramt, der wohl auch als kleiner Sitzungssaal diente.

Im Dachgeschoss war Platz für die Schulakten, aber auch für das Holz, das man im Winter zum Heizen unseres Klassenzimmers brauchte. Wir Kinder haben das Holz raufgetragen. Geheizt wurde aber schon frühmorgens von einer Frau, die in der Schule auch geputzt hat. Ein einziges Mal während meiner Schulzeit hat die ganze Schule geschlossen einen Busausflug gemacht. Und zwar sind wir zur Nebelhöhle gefahren.

Manchmal weniger, manchmal mehr – aber alles in allem bin ich gerne in die Schule gegangen. Wir waren da gut aufgehoben.

Wenn ich danach gefragt werde, wie es bei uns mit dem parteipolitischen Einfluss auf die Schule durch das Dritte Reich war, muss ich sagen, wir haben davon kaum etwas gemerkt. Das einzige war, dass 1933 der Hitlergruß eingeführt wurde. Der Unterrichtsstoff war, wie er immer war, der Lehrer auch. Mit 14, 15 Jahren gingen wir zum BDM, dazu mussten wir nach Aidlingen. Wir haben vor allem gesungen, auch geturnt und Spiele gemacht. Es hat uns Spass gemacht, wir in unserem Dorf haben ja sonst nicht viel erlebt. Die Buben gingen zum Jungvolk, ebenfalls nach Aidlingen.“ Ehemann Heinrich Stürner, ebenfalls 1923 geboren und ehemaliger Aidlinger, ergänzt: „Wir trafen uns samstags im Naturfreundehaus in Aidlingen, die Deufringer waren mit dabei. Jungvolkführer war unser Schullehrer Arnulf, der auch unser Musiklehrer , ein guter Sänger und bei uns beliebt war. Wir sind gewandert, haben Sport und Geländespiele gemacht und haben vor allem viel gesungen, Volkslieder, Wander- und Marschlieder und darunter kamen auch ‚Hitlerlieder’ vor.“

von Siegrid Krülle