„….. und wenn ich auch nicht logisch denken lerne“
Unter den Texten des Otto Gotthilf Groß (1914-1987) haben uns die frühen Aufsätze aus seiner Lehenweiler Schulzeit schon öfters besonders amüsiert. Die poetische Begabung war von Anfang an unverkennbar. Aber selbst ein späterer Dichter und Lehrer muss nicht lückenlos genial sein. Und falls jetzt zu Beginn des neuen Schuljahrs der eine oder andere heutige Schüler niedergedrückt der Zukunft entgegen sieht, mag er Kraft schöpfen aus den Bekenntnissen des 16-jährigen Otto Groß, in denen er die Mathematik zum Teufel wünscht. Niedergeschrieben hat er seine Verse diesmal in einem Aufsatzheft, als er Internatsschüler in Nagold war.
Auf die edle Ma.……
1. Kein Menschenleben gibt’s, das eitel Freude,
kein König und kein Bettelmann ist frei vom Leide,
und so quält auch manches Schülerherz
die Mathematik zu tiefem Seelenschmerz.
Nicht einer unter hunderttausend hat sie gerne,
ich selber pfeif darauf, und wenn ich auch nicht logisch denken lerne.
2. Und wenn sich Formel, Grundsatz, Lehrsatz turmhoch vor mit häufen,
und wenn sich Wurzeln und Potenzen unter ihrem Wogenschwall ersäufen,
und wenn ein andrer sich den Kopf zerbricht,
ich rühr und reg und plag mich nicht,
grollt auch Euklid aus längst entschwundner Zeiten Ferne:
„Nur Mathematik, dass man logisch denken lerne!“
3. Wenn sich die ganze Mathematik gegen mich verschwört,
wenn im Physiksaal einer jammert: „S ist mer unerhört!“-
ich geb mich trotzdem niemals ab mit seinen Zahlen,
ich beiß mir nicht die Zähne aus an harten Schalen,
mich locken nicht die „bitter-süßen“ Kerne,
und wenn ich auch nicht logisch denken lerne.
4. Drum ruf ich: Wehe Mathematik, wehe dir,
o saure Stunden, die du schon bereitet mir,
o saure Tage, ruhelose Nächte,
sie alle fordern, dass ich einmal mit dir rechte.
Drum bleibt mein Wahlspruch: Nieder müssen deine Sterne
Und wenn ich nie und nimmer logisch denken lerne.
Otto Gotthilf Groß im April 1930
Am 23. Januar 1924 gibt Otto Gotthilf Groß aus Lehenweiler (1915 -1987) in einem Schulaufsatz und eine Münchhausen-Lügengeschichte zum Besten:
Münchhausen auf der Bärenjagd
Einst ging Münchhausen an den Nordpol, um dort Eisbären zu erlegen. Als er ein gutes Stück gegangen war, bemerkte er hinter einem Gebüsch die wilden Tiere, welche, als sie ihn erblickten, Reißaus nahmen. Doch ein mächtiger Bär wollte auf ihn losspringen, welcher aber auf den Schuss des Helden zuckend am Boden lag. Da erhob sich ein anderer und stürmte, ehe Münchhausen Zeit hatte zum Schießen, auf ihn los. Aber eins, zwei, drei war dieser in dem Rachen des Ungetüms verschwunden und schlüpfte in den Bauch hinunter. Weil es finster war, zündete er ein Licht an und nährte sich von dem Fleisch und Fett, bis es aus war und nur die Haut, in welche er sich wickelte, übrig blieb. Darauf ging er vergnügt heim.
Siegrid Krülle