Das Schloß in Deufringen, ein Ortsteil von Aidlingen, zählt mit der Kirche zusammen als Wahrzeichen des Ortes. Jakob von Gültlingen, der einstige Ortsherr von Deufringen, begann 1592 das Gebäude zu errichten. Jedoch konnte er sein Heim nur wenige Jahre genießen, denn im Oktober 1600 ereilte ihn ein trauriges Schicksal.
Jakob von Gültlingen, dessen Ahnen bereits schon fast 200 Jahre zuvor im Besitz und Lehensrecht von Deufringen waren, war gerade ein 3/4 Jahr Obervogt in Schorndorf. Am 9. Oktober 1600 hielt er Vogtgericht in Geradstetten und wurde anschließend vom dortigen Schultheiß zu einem Umtrunk eingeladen. Mit dabei war sein Freund Conrad von Degenfeld. Nach einem fröhlichen Abend legte sich einjeder in eine Kammer im Schultheißenhaus. Um Mitternacht erwachte ‚von Gültlingen‘ und musste Wasser lassen und sah im Dunkeln auf der anderen Seite des Zimmers eine weiße Gestalt, die auf ihn zukommt. Nach mehrmaligem Anrufen und Anschreien gab niemand sich zu erkennen. In seiner Panik griff er nach seinem Degen und stach auf das vermeintliche Gespenst ein. Als es sank und liegen blieb erkannte er zuspät, dass unter einer Bettdecke sich sein Freund Conrad von Degenfeld verbarg. Doch es war zu spät! Conrad erlag seinen Stichverletzungen und war tod. Was nun letztendlich den ‚von Degenfeld‘ in das Zimmer brachte, ob er schlafwandelte oder dem Freund einen Schrecken einjagen wollte, wurde nie ganz aufgeklärt und gilt noch heute als ein tragischer Todesfall mit anschließendem Justizmord. Jakob von Gültlingen wurde noch in der gleichen Nacht verhaftet. Ein ordentlicher Prozess wurde dem adeligen ‚von Gültlingen‘ nicht gemacht, denn auf Drängen des Vaters des Verstorbenen, Christoph Martin von Degenfeld – oberster Beamter und Landhofmeister auf Vergeltung, sowie seiner Witwe und dem württembergischen Kanzler Matthäus Enzlin, wurde ein voreiliges Urteil von Herzog Friedrich von Württemberg gefällt.
So geschah es, dass Jakob von Gültlingen nur fünf Tage nach dem unglücklichen Vorfall, am Mittwoch Morgen den 15. Oktober 1600 auf dem Waiblinger Marktplatz durch das Schwert des Scharfrichters, enthauptet wurde. Noch in der Zelle im Waiblinger Gefängnis schrieb er Abschiedsbriefe. Briefe an seine Angehörigen mit den Bitten, man möge ihn in der Deufringer Kirche begraben, anschließend einen Grabstein errichten lassen, der seine Unschuld für die Nachwelt bezeugen solle. Auch der Pfarrer von Deufringen soll seine Grabrede in diesem Sinne abhalten. Seine Frau sollte Deufringen verkaufen und ‚außer Landes‘ ziehen. Seine Bitten wurden nur zum Teil erfüllt. Er wurde in der Deufringer Kirche beerdigt. Auch wurde ihm ein Grabstein aufgestellt, jedoch ohne eindeutige Inschrift. Zum Verkauf von Deufringen kam es nicht, denn bereits zwei Jahre nach der Hinrichtung verstarb auch seine Ehefrau. Ihre beide Buben waren nun Vollwaisen.
Durch ein 102 Strophen langes Gedicht, daß wahrscheinlich durch die Schwester des ‚von Gültlingens‘ bereits 1601 verfaßt wurde , gelangte die Geschichte unter dem Titel „Die Nachtwandler“ in die Liedersammlung „des Knaben Wunderhorn“ von Arnim und Brentano und erfuhr so eine weitere Verbreitung.
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Text und Bilder von Andreas Wolf