Heimatdichter – Christian Breitling, geb. 1873 in Dachtel – Teil I

Die jetzige schöne Jahreszeit ist eine bevorzugte Zeit für Feiern und Fest aller Art. Und das ist ein Anlass, sich an einen weiteren unserer Ortspoeten zu erinnern. 1873 wurde in Dachtel Christian Breitling geboren; er war Bauernsohn, wurde Lehrer, war in und bei Nagold und in Botnang beruflich tätig, blieb aber seinem Heimatort stets verbunden. Er hat sich insbesondere als Fest- und Jubiläumsredner hervorgetan, auch in Dachtel. In seinen Reden spiegelt immer ein Stück des damaligen Lebens und Zeitgeists wider. Er hielt sie in Versform und auf Schwäbisch und schrieb sie fein säuberlich in Schulheften nieder. So ist auch folgender „Hochzeitsglückwunsch“ vom April 1924 überliefert, gerichtet an die Braut und Schulzentochter Marie.

HOCHZEITSGLÜCKWUNSCH

Für ein wohllöblich-schultheißenamtliches Brautpaar –
Rathaussekretär und Schulzentochter

Was isch denn heut bei s Schulze‘ laos?
D Leut laufet älle, klei ond graoß
ond standet rom bei’s Christles Garte‘
als wöttet se uf ebbes warte‘.
Ond fremde Gäst sieht mr em Haus,
gsteckt voll isch bis en d Kuche naus,
älles em schönste‘ Sonntechshäs.
Jetzt saget noh: Was isch denn dees?
Se hent au de ganz Woch lang bache‘,
Kueche‘ ond andre feine Sache‘
ond Brote‘ geits und Bier ond Wei‘,
do mueß doch ebbes bsonders sei‘!

Jetzt fällt miars ei, potz Sapperment‘!
Daß se dort duß a Haozech hent.
D Leut schwätzet jo schao lang drom rom,
daß d Marie bald uf Stuagert komm
ond sogar noh uf s Rathaus schier,
do ghairt sich’s, dass i gratulier.

Also Marie, i wensch diar heut
e‘ glücklichs Lebe‘ jederzeit.
Du kriagst en guete‘, liebe‘ Ma‘,
so fei‘ kommt net e‘ jede na‘,
ond kommst zu ällem na‘ noh glei
vo Dachtel en e‘ Großstadt nei‘.
Dees isch ganz gwiß e‘ graoßer Schritt
ond brengt viel Änderonge‘ mit.
Vo so m e‘ kleine‘, enge‘ Kreis
uuf ei’mol mittle‘ nei en d‘ Welt
Dees macht a‘ wenig ängstlich, gelt?

Mueßt aber weiters net verzage‘,
dei‘ Ma‘ wurd diar schao s Naitechst sage‘,
der isch schao lang en Stuagert z Haus
ond kennt sich do en ällem aus.
Drom laß di en de erste Zeite‘
von ehm en älle Sache‘ leite‘,
ond wenn er diar en Rotschlag geit
no zeig fei‘ kei‘ Empfendlichkeit
ond tue die still en d Omständ füege‘.
S macht ei’m net älleweil Vergnüege‘
aber s ka‘ halt net anderst sei‘,
drom schick di ganz gemüetlich drei‘
daß d‘ Kirch em Dorf bleibt, ond dr Ma‘
sich schön daheim erhole‘ ka.

S geit uf-m-Amt viel Schwierigchkeit
ond bsonders jetzt en o-srer Zeit.
Dei‘ Vadder hot au vielmol brommt,
wenn er kopfvoll vom Rothaus kommt.
Drom will mr en dr Häuslichkeit
net au noh O-rueh oder Streit,
ond dorum mueß e‘ Rathausfrau
für n Ma‘ Verstand ond Ei’sicht hao.

Fortsetzung siehe Teil II

(Anmerkung: Bei der Braut handelt es sich um Maria Elisabeth Lehrer, geb. 20.5.1896 die am 10.5.1924 ihren Bräutigam Friedrich Adolf Spielmann, Oberinspektor von Stuttgart, heiratete. Maria’s Vater, Johann Jakob Lehrer, war von 1903-1937, Schultheiß in Dachtel)  Andreas Wolf

 

von Siegrid Krülle