Der herbstliche Wald

Schulaufsatz, geschrieben am 30.10.1924

vom späteren Lehrer und Heimatdichter Otto Gotthilf Groß (1914-1987),

als er Schüler der 5. Klasse der Schule in Lehenweiler war

Was ist schöner als der herbstliche Wald. Wenn in mildem Lächeln die Sonne vom gelichteten Herbsthimmel strahlt und die freundlichen Strahlen über dem bunten Laubwald spielen, aus welchem sich hin und wieder eine dunkle Tanne erhebt. So will nun auch ich hinaus und ihm einen Besuch abstatten. Jetzt trete ich hinein. Aber sogleich überwältigt mich ein ängstliches Gefühl, durch das leise Fallen der Blätter und durch das unheimliche Knacken im Gebüsch und durch das sanfte Rauschen des Waldes. Sinnend gehe ich weiter. Doch auf einmal werde ich aufgeschreckt durch ein irrendes Häslein, das eben aus einem Gebüsch geeilt war. Dort sehe ich einen Jäger, welcher gerade das Gewehr anlegt und abschießt. Ein furchtbarer Knall, dass der ganze Wald erschallt, und der Hase stürzt zur Erde nieder. Das rauhe Schicksal des Herbstes hat ihn getötet.

Herbstpracht und Vergänglichkeit

Schon als Kind konnte Otto Gotthilf Groß aus Lehenweiler, der spätere Heimatdichter, seine Nähe zur Natur in feinen Worten zum Ausdruck bringen. In dem zuletzt abgedruckten Schulaufsatz war seine Begeisterung für den farbigen Herbstwald zu spüren. Das Thema griff er später, als er Lehrer in Dettenhausen war, in einem Mundartgedicht wieder auf. Die überschwängliche Freude an der herbstlichen Farbenpracht mischt sich dabei mit Gedanken an Vergänglichkeit und Tod.

Schöbuech-Herbst

A Fuier leuchtet geal on raot

uff Bückel, Häng on Rucka,

dr Schöbuech juzget vorar seim Daod,

lacht luschtech en dr letschte Naot,

lot heale Flamma zucka

om donkle Dannalucka!

Es tropfnet ra wie Wei on Bluet!

O, kö(nn)tscht de so vorscheka…

A Farbabraoscht, a Fescht, a Gluet

om Boom on Busch, om Staud on Ruet:

O, kö(nn)t mr des vermöga,

sich so zom Sterba lega!

(Aus: Spot em Johr, 1988)

 

Siegrid Krülle